Nachricht | Bodenfonds

Das Ziel eines Bodenfonds ist es, die Kommune in die Lage zu versetzen, Gelder zum Ausbau des kommunalen Grundbesitzes zur Verfügung zu haben. Dabei soll der Haushalt jenseits des Fonds nicht belastet werden und auch nicht andere Bereiche des Haushalts aus den Gewinnen von Grundstücksverkäufen o.ä. finanziert werden.
Die Kommune schafft dazu einen revolvierenden Fonds, in den sie alle Erlöse und Gewinne aus Grundstücksverkäufen und/oder Erbbaurechten einzahlt. Dieser Fonds wird ausschließlich dafür genutzt, neuen Boden zu erwerben und durch Auflassungsvormerkung (Bodenbevorratung) oder Heimfall (Erbbaurechte) entstehende Kosten zu decken.

Ziele des Instruments

  • Planungsbedingte Bodenwertsteigerungen bei der Kommune belassen
  • Eine solide finanzielle Ausstattung der Kommune zum Kauf neuer Grundstücke ermöglichen
  • Loslösung des kommunalen Bodens vom kommunalen Haushalt
  • Grundbesitz der Kommune zu einer Ressource mit eigenem Wert machen und nicht als Reserve zur Aufbesserung des Haushalts nutzen
  • Förderung des kommunalen Erbbaurechts
  • Aktive Steuerung der Stadtentwicklung


Wirkungsweise

Ein Bodenfonds ist ein auf langfristige Bodenpolitik ausgerichtetes Instrument. Er ist insbesondere geeignet, eine kommunale Bodenbevorratung zu ermöglichen. Grundsätzlich sind zwei Varianten eines Bodenfonds zu unterscheiden. In der ersten Variante schafft die Kommune einen Bodenfonds, indem sie das Geld, das sie mit ihren Liegenschaften erwirtschaftet, auf einen zweckgebundenen Posten im Haushalt zahlt. Dieser Bodenfonds dient ausschließlich zum Unterhalt und Ausbau der kommunalen Liegenschaften. Je größer er ist, desto wirksamer kann die Kommune als Käuferin von Grundstücken auftreten, etwa zum Zwecke der Bodenbevorratung. Auch verhindert der Bodenfonds, dass kommunale Erlöse aus Grundstücksverkäufen anderen Zwecken zugeführt, also zur Haushaltskonsolidierung, genutzt werden.
Um diese Zweckbindung durchzusetzen und langfristig sicherzustellen, ist die zweite Variante noch wirksamer, die den Fonds vor möglichen grundsätzlichen Richtungsänderungen der Kommunalpolitik schützen soll. In dieser Variante wird Kapital in einem Bodenfonds aufgebaut, wie in der ersten Variante. Der Unterschied besteht darin, dass ein Gremium eingerichtet wird, dem die Verwaltung des Bodenfonds obliegt und das paritätisch aus Vertreter*innen der Kommune, Bewohner*innen kommunaler Wohnungsbestände und versierten Vertreter*innen der Zivilgesellschaft zusammengesetzt ist. Ein solches Gremium soll überwachen, dass der Bodenfonds in seiner angedachten Funktionsweise fortbesteht.
Der Bodenfonds kann auch in eine kommunale Gesellschaft überführt werden. Gerade für Kommunen, die sich in Haushaltssicherung befinden, ist dies zu empfehlen, damit der Bodenfonds kreditfähig wird. Allerdings wird der Fonds dadurch politisch weniger steuerbar.
Wenn der Bodenfonds umfassende Verwaltungsaufgaben für kommunale Liegenschaften (etwa Erbbaurechte) übernimmt, kann es sinnvoll sein, Ideen von stadtpolitischen Gruppen zu übernehmen, die demokratisch kontrollierte Bodenfondsmodelle entwickelt haben (die Idee des Bodenfonds ähnelt dem Modell des Community Land Trust (CLT), das von Schwarzen Communities in den USA entwickelt wurde und im Kern genossenschaftlich/basisdemokratisch ist).
Um einen Bodenfonds mit genügend finanziellen Mitteln auszustatten, kann es nötig sein, strategisch als nicht wichtig angesehene Flächen zu veräußern. In diesem Fall sollte sehr genau abgewogen werden, ob ein Verkauf wirklich zielführend ist.
Das Modell der Bodenfonds ist nicht auf eine einzelne Kommune beschränkt. Kommunen können sich auch zusammenschließen und regionale Bodenfonds einrichten und sich damit gegenseitig unterstützen. Hierzu würden mehrere Kommunen zusammen in einen gemeinsam verwalteten Fonds einzahlen und bei Bedarf Geld aus dem Fonds erhalten. Die genauen Modalitäten wären in Anlehnung an das beschriebene Modell des kommunalen Bodenfonds zu klären.


Vorteile

  • Der Bodenfonds versetzt die Kommune langfristig in die Lage, zu einem wichtigen Akteur auf dem Bodenmarkt zu werden.
  • Ein Bodenfonds ermöglicht den kurzfristigen Ankauf von Flächen, wodurch einige Nachteile der Bodenbevorratung vermieden werden.
  • Wenn der Bodenfonds durch ein unabhängiges Gremium kontrolliert wird, kann die Zivilgesellschaft an der Flächenpolitik der Kommune beteiligt werden.
  • Mittels regionaler Bodenfonds können Kommunen sich gegenseitig in der Bodenpolitik unterstützen.
  • Die unrentable Entwicklung von schwierigen Grundstücken kann durch einen revolvierenden Bodenfonds querfinanziert werden.


Nachteile

  • Eine Finanzierungsmöglichkeit für den Fonds ist der Verkauf strategisch nicht benötigter Grundstücke. Dies birgt die Gefahr, wichtige Grundstücke zu verkaufen. Anfangs kann es also sein, dass der kommunale Grundbesitz geschmälert wird, damit er später systematisch ausgeweitet werden kann.
  • Wird der Bodenfonds als zweckgebundener Haushaltsposten im Kommunalhaushalt eingeführt, besteht die Gefahr, dass die Kommune in Zeiten knapper Kassen Kapital aus dem Bodenfonds abzieht.
  • Der Fonds muss eine gewisse finanzielle Grundausstattung besitzen, damit die laufenden Kosten aus ihm selbst gedeckt werden können.
  • Private Eigentümer*innen von Flächen müssen zum Verkauf / Tausch bereit sein, damit der Fonds weiterentwickelt werden kann.


Fallbeispiel

In der nordrhein-westfälischen Mittelstadt Bocholt ist 1995 ein Bodenfonds als Teil eines umfangreichen Instrumentariums zur Senkung der Bodenpreise und zur Beschleunigung des Wohnungsbaus (Baulandbeschluss) eingerichtet worden. Anlass waren gestiegene Grundstückspreise bei privaten Verkäufen sowie die wegen Spekulation ausbleibende Bebauung von Grundstücken. Das Ziel der Einrichtung des Bodenfonds war die schnelle und günstige Schaffung von Wohnraum. Um zu Beginn eine ausreichende Kapitalausstattung des Bodenfonds zu gewährleisten, verkaufte die Kommune strategisch nicht relevante Liegenschaften und mobilisierte in Erbbaurechten gebundenes Kapital. Weil die Kommune eine Schuldenbremse eingeführt und sich die Projektentwicklung aufgrund des demografischen Wandels verändert hatte, wird der Bodenfonds seit 2004 von der TEB Treuhänderischen Entwicklungsgesellschaft Bocholt mbH, die zur Durchführung von städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen gegründet worden war, verwaltet.
Es wird berichtet, dass anfänglich der durch den Bodenfonds ermöglichte kommunale Flächenerwerb, zusammen mit den anderen beschlossenen Maßnahmen zum Planungswertausgleich, dämpfende Wirkung auf die Bodenpreise im Außenbereich hatte. Dies dürfte vor allem daran gelegen haben, dass die Kommune Bauerwartungsland zu niedrigen Preisen anbot.
Die Preise für Grundstücke von privaten Anbieter*innen waren jedoch weiterhin hoch. Im Haushaltsbericht 2019 werden die aktuellen Probleme der TEB vorgestellt: Bisher landwirtschaftlich genutzte Flächen können meist nur noch im Tausch erworben werden, weil die Stadt hier mit anderen Interessent*innen konkurriert. Innerstädtische Grundstücke, auf die sich das kommunale Bodenmanagement mittlerweile fokussiert, sind schwer zu aktivieren; außerdem sind deren Eigentümer*innen nicht mitwirkungsbereit.


Bewertung des Instruments

Bodenfonds sollen eine nachhaltige Bodenpolitik ermöglichen. Sie sind damit ein geeignetes Mittel, um langfristig bezahlbaren Wohnraum zu errichten und zu sichern. Die Stärken von Bodenfonds liegen zum einen in ihrer bodenpolitischen Gestaltungskraft, die darin besteht, indirekt Einfluss auf die Bodenpreise, Gebäude- und Eigentümer*innenstruktur zu nehmen. Die andere Stärke des Bodenfonds ist die Möglichkeit, das ursprünglich eingesetzte Geld nach erfolgreichem Abschluss eines Projektes für ein neues nutzen zu können, ohne einen Kapitalabfluss zu haben. Dass hierdurch der Kommune eine mögliche Finanzierungsquelle für andere Bereiche verloren geht, ist ambivalent zu bewerten. Die Gestaltungsmöglichkeiten, die aus langfristig abgesichertem kommunalem Grundbesitz resultieren, sind jedoch ein starkes Argument für einen revolvierenden Bodenfonds.
Die strikte Trennung vom restlichen kommunalen Haushalt sollte dauerhaft gesichert werden, um die Gefahr zu bannen, dass die Kommune Kapital aus dem Bodenfonds abzieht, um Haushaltslöcher zu schließen. Ein Kontrollgremium, unter Beteiligung der Zivilgesellschaft, könnte dies wahrscheinlich gewährleisten. Gleichzeitig muss die Frage geklärt werden, wie viel Einfluss Politik und Verwaltung auf den Bodenfonds haben sollen. So unterliegt eine kommunale GmbH weniger der demokratischen Kontrolle als der kommunale Haushalt.
Ein Problem bei Bodenfonds ist die anfängliche Finanzierung. In der Praxis wird hierzu auch auf den Verkauf von strategisch wenig relevanten Flächen zurückgegriffen. So wird zunächst kommunaler Besitz privatisiert. Wenn eine Kommune so vorgeht, sollte sie alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die zu veräußernde Fläche möglichst klein zu halten. Dazu sollte sich die Kommune im Vorhinein insbesondere um finanzielle Unterstützung des Landes und anderer Kommunen bemühen. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Kommune möglicherweise nach einiger Zeit keine Grundstücke mehr kaufen kann, weil die Eigentümer*innen nicht verkaufen wollen. In einem solchen Fall ist die Zweckmäßigkeit des Fonds und vor allem der ihn flankierenden Instrumente wie der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zu überprüfen.
Ein Bodenfonds, der von mehreren Kommunen genutzt werden kann, oder ein Bodenfonds für Wohnraum auf Landesebene (unter kommunalem Mitspracherecht) böte darüber hinaus die Möglichkeit Konkurrenz zwischen Kommunen zu überwinden. Er könnte aber auch die Gefahr von Verteilungskämpfen bergen.


Literatur

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