Selbstverständnis

LINKS, kritisch, emanzipatorisch!

Du willst die Welt verstehen und verändern? Du willst mit uns gemeinsam Alternativen entdecken? Wir sind ein Bildungsnetz mit dezentralen, ehrenamtlichen Strukturen. Durch die politische Bildung schaffen wir Räume für einen Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und zivilgesellschaftlichen Bewegungen. Unser Dialogangebot richten wir an alle, die aus Sorge um Mensch, Gesellschaft und Umwelt  an beteiligungsorientierten Veränderungen mitwirken wollen. Aus unserer Analyse heraus ergeben sich Fragen, die wir in den Mittelpunkt unserer Bildungsarbeit stellen:

Sein und Bewusstsein

Das gesellschaftliche Handeln der Menschen wird durch viele Erfahrungen sowie deren Verarbeitung bestimmt. Kritische Bildung mit dem Ziel individueller und kollektiver Emanzipation muss sich mit diesen Prozessen der Bewusstseinsbildung beschäftigen und Beiträge zur Kritik herrschender Ideologien leisten.

Wie wirken Ideologien auf  Menschen, ihre Einstellungen und Handlungen, die oft im Gegensatz zu ihren sozialen und kulturellen Interessen stehen? Wie werden Ideologien produziert und transportiert? Wie funktioniert Ideologieproduktion und deren Wirkung auf individuelles und gesellschaftliches  Bewusstsein? Welche Menschen- und Gesellschaftsbilder erzeugen  Unterhaltung und Werbung? Wieso glauben alle, Mittelschicht zu sein? Welche Rolle spielt die Kultur für die  Bewusstseinsbildung dieser Mittelschicht? Wie können neue Medien und Netzwerke für politische Bildung genutzt werden? Was kann neben der Kritik eine eigenständige Medien- und Kulturarbeit von linksunten beitragen, die Hegemonie neoliberaler Ideologie zu schwächen und zu überwinden? Wir wollen Ansätze einer  Kultur des Widerstands und alternative Medien unterstützen. Welche Formen von Bildung sind dafür angemessen und wer kann dafür zu Kooperationen gewonnen werden?

Gesellschaftskritik

Ausgehend von dem Wissen, dass die Gesellschaft nicht bleibt wie sie ist, gehen wir bei der Analyse folgenden Fragen nach:
Wie funktioniert die Reproduktion sozialer Ungleichheit? Wie stellen sich die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Herrschaftsformen des Kapitalismus dar, wie dynamisch verändern sich diese? Wie können die Erkenntnisse der Grenzen des Wachstums und der Endlichkeit der Ressourcen in adäquates individuelles und gesellschaftliches Bewusstsein und Handeln transformiert werden? Welche Mechanismen verhindern, dass die Unterdrückten und Ausgebeuteten der Gesellschaft ihre Lage nicht als solche erkennen und dagegen aufbegehren? Wer sind die emanzipativen Akteure in der Gesellschaft und wo sind ihre Möglichkeiten, in die  Veränderungsprozesse einzugreifen?

Historische Bildung

Das eigene und das kollektive Gedächtnis sind zentraler Bestandteil politischer Identität. Auf diesem sehr umkämpften Feld findet politisch-historische Bildung ihre Bedeutung. Die Namensgeberin unserer Stiftung, Rosa-Luxemburg, ist uns Verpflichtung, die uns vor der Flucht in verklärende Nostalgie bewahrt und eine umfassende Aneignung historischer Prozesse abverlangt. Solche historische Bildung ermöglicht eine begründete Position in der Extremismusdebatte, in der Auseinandersetzung um die Gleichsetzung faschistischer und kommunistischer Herrschaftspraxis, sie legt unverwirklichte emanzipatorische und utopische Potentiale der Vergangenheit frei und stemmt sich gegen den Geist der Alternativlosigkeit. Sie setzt die deutschland- oder eurozentristische Perspektive ins Verhältnis zur Weltgeschichte.

Solidarische Gesellschaft   

Emanzipatorische Bildung vermittelt ein Gesellschaftsbild, in der kein Platz für Ideologien der Ungleichwertig ist, in der die Konkurrenz zwischen den Individuen um soziale, ökonomische und kulturelle Ressourcen aufgehoben ist. Wir bearbeiten Ursachen gesellschaftlicher Konflikte und Ideologien der Ungleichwertigkeit und ihre jeweiligen Erscheinungsformen. Welche Möglichkeiten der gesellschaftlichen Partizipation bestehen für jede Person und welche werden welchen Gruppen vorenthalten? Wie sind  freie Entfaltung aller Persönlichkeiten in einer vielfältigen und differenzierten Gesellschaft und gesellschaftlicher Zusammenhalt zu verbinden? Wie kann unsere Gesellschaft jenseits von Konkurrenz, Leistungszwang und Ausbeutung aussehen?

Demokratisches Engagement

Die Krise in Europa und ihre Verschärfung durch die Politik von Bundesregierung,  EU-Kommission, EZB und IWF markieren einen  Wendepunkt zum autoritären Sicherheitsstaat, der freien Kapitalverkehr, Vertragsfreiheit und Zugang zu Ressourcen zu garantieren hat. Um nicht verzweifelt an einem verklärtem Bild vergangener Stabilität festzuhalten, sind eine ernste Würdigung und eine grundlegende Kritik des Bestehenden nötig: der Entwicklung von Parlament, des Rechtsstaates und der Rolle demokratischer Öffentlichkeit. Die Möglichkeiten direkter demokratischer Beteiligung müssen diskutiert und Wege dahin müssen eröffnet werden. Dazu stellen sich auch folgende Fragen:

Welche Bedeutung hat allgemeine und politische Bildung bei der Entfaltung demokratischen Lebens? Was ist die Rolle von Parteien mit wenigen Mitgliedern und abnehmender Wahlbeteiligung unter den Bedingungen neuer Formen politischer Willensbildung, wie sie das Internet ermöglicht bzw. die stärker individualisierte Öffentlichkeit verlangt? Welche Alternativen zum repräsentativen System eröffnen die neuen Formen von Beteiligung, die europaweit von sozialen Bewegungen eingefordert werden? Welche Chance hat kommunale Politik, wenn die Aufgaben mehr, die Gelder weniger und der Föderalismus einschränkt werden? Wie können gesellschaftliche Gruppen zur politischen Teilhabe befähigt werden, die nicht zu den gut ausgebildeten Mittel- und Oberschichten gehören?

Global denken

Politik wird zunehmend auf Ebenen entschieden, die jenseits nationaler Sphären liegen. Drängend sind die Fragen nach einer solidarischen Zukunft Europas, nach dem Entrinnen der Menschheit aus drohenden Umweltkatastrophen und Kriegen um Rohstoffe und Wasser. In deutschen Diskussionen zeigen sich dabei oft Verengungen auf „nationale“ Positionen und „Standortinteressen“, eine Abwertung anderer Länder und ihrer EinwohnerInnen.  Über die Zukunft der Europäischen Union hinaus stellen sich weitere Fragen: Sind internationale  Erfahrungen wie die linker Regierungen in Lateinamerika oder sozialer Kämpfe in Südeuropa und Asien oder des „arabischen Frühlings“ übertragbar oder nur im Zusammenhang ihrer Spezifika zu verstehen? Was ist Form und Inhalt internationaler Solidarität, wenn sie über punktuelle Solidarbekundungen hinaus gehen soll? Welche Bedeutung haben nationale Regierungen angesichts stärkerer internationaler Verflechtungen, neuer aufsteigender Mächte (China, Indien, Brasilien) und politisch agierender Wirtschaftsunternehmen?
Wir suchen tragbare Antworten auch für Widersprüche zwischen jeweils berechtigten Anliegen z.B. von PalästinenserInnen und Israelis.

Lokal handeln

Kommunalpolitik findet nicht nur in Rathäusern statt: Ohne den Bezug zu den Menschen in den Kommunen, zu Organisationen, Bürgerinitiativen und Vereinen oder zum Ort des kommunalpolitischen Wirkens wäre sie machtlos. Angesichts der demographischen Entwicklung mit unterschiedlichen Konsequenzen kommt es zu Veränderungen in den kommunalen Strukturen: der zunehmenden Urbanisierung stehen die Entvölkerung und Vergreisung ganzer Regionen gegenüber, ohne dass für die Bewältigung dieser Prozesse materielle Ressourcen und demokratische Entscheidungsmöglichkeiten vorhanden wären. Regionsbildung kann nur unter demokratischen, sozialen und ökologisch nachhaltigen Bedingungen erfolgreich sein.
Wie können wir dazu beitragen, die  Entwicklung eines demokratischen, ökologischen und sozial gerechten Gemeinwesens voranbringen? Wie kann Partizipation der Einwohnerinnen und Einwohner an den  Veränderungen praktisch wirksam werden gegen die Abhängigkeiten der Kommunen von kapitalistischer Verwertung aller Güter und Dienstleistungen?

Sozial-ökologischer Umbau

Energie- und materialeffiziente "grüne" Technik ist zum Hoffnungsträger für neues Wachstum geworden. Erneuerbare Energie haben ihr faszinierendes Potenzial und müssen dezentral ausgebaut werden. Der technische Weg allein wird die Gesellschaft nicht zu einer nachhaltigen machen. Die ökologische Krise ist  eine der Lebens- und Produktionsweise der kapitalistischen Gesellschaften. Ein sozial-ökologischer Umbau versucht Schritte im Hier und Jetzt zu gehen, die  gleichzeitig über die kapitaldominierte Gesellschaft hinausweisen. Ein solcher Umbau wirft Fragen auf:
Wie kann in der Wirtschaft Demokratie umgesetzt werden? Wie werden   Entscheidungen über das wie und was von Produktion getroffen? Wie werden  die Kosten der Energiewende verteilt? Wie können ökologische Lebensstile für alle attraktiv werden?  Welche Schritte verbinden eine grüne Ökonomie mit Umverteilung, mit einer Ausweitung von Entfaltungsmöglichkeiten für alle? Welche gesellschaftlichen Voraussetzungen gibt es für eine Ökonomie ohne  Wachstumszwang? Welche Denkrichtungen sind anzutreffen in Debatten um Grenzen des Wachstums und Nachhaltigkeit?
Wie kann die sozial-ökologische Programmatik linker Parteien und Bewegungen weiter entwickelt und verzahnt werden? Mit welchen kommunalpolitischen Forderungen/Initiativen kann ein sozial-ökologischer Umbau vor Ort vorangetrieben werden?

Respekt

Wir stehen für alle möglichen Formen des menschlich-solidarischen Zusammenlebens, für die Selbstbestimmung von Geschlechtsidentität und Sexualität, für Respekt gegenüber unterschiedlichem menschlichen Leben und Zusammenleben. Eine Voraussetzung solchen Zusammenlebens ist, dass alle Menschen die gleichen Chancen für Bildung, Arbeit und Partizipation haben, unabhängig von Geschlecht, Ethnie, sexueller Orientierung, ihrer körperlichen Verfassung und sozialer Herkunft. Auch hier werfen sich Fragen auf, zu deren Beantwortung wir uns bemühen:

Wie kann solcher Respekt zur allgemeinen Normalität werden? Warum und wie werden patriarchale Strukturen und Verhaltensweisen reproduziert? Wie können tradierte Rollen überwunden werden? Was hindert in dieser Gesellschaft Menschen daran, ihre Bedürfnisse zu finden und entsprechend diesen ihr Zusammen-Leben zu gestalten? Warum funktioniert Inklusion trotz schöner Sonntagsreden und staatlicher Vorgaben nicht?

Arbeitsstand 29.8.2013, 10 Uhr