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10 Instrumente zur Schaffung von sozialem Wohnraum.

«Mietenwahnsinn-Demo 1» CC BY-SA 2.0, Jannis Pfendtner, via Flickr

Die Wohnungsfrage, also das Problem der Versorgung einkommensschwacher und marginalisierter Bevölkerungsgruppen mit angemessenem Wohnraum, ist eine der zentralen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen unserer Zeit. Dieses Problem wird insbesondere auf kommunaler Ebene in wachsenden Städten und Gemeinden deutlich. Ziel dieses Glossars ist es daher, Kommunalpolitiker*innen und wohnungspolitischen Initiativen Instrumente aufzuzeigen, welche die Schaffung und Sicherung von sozialem Wohnraum ermöglichen können und die von Kommunen angewendet werden können – und in einigen Kommunen bereits angewandt werden.

Übergeordnetes Ziel muss es dabei sein, Wohnraum langfristig dem Markt zu entziehen. So machte erst kürzlich eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung über kommunale Bodenpolitik (Heinz/Belina 2019) deutlich, dass eine soziale Wohnungspolitik, die das Privateigentum an Grund und Boden nicht generell in Frage stellt, nur Flickwerk sein kann. Das Ziel einer wirklich sozialen Wohnungspolitik sollte es sein, weg von der Lenkung privater Investor*innen und hin zu einem aktiven Regieren und zu einer Demokratisierung der Wohnungsversorgung zu kommen. Deshalb muss Wohnraum in großem Maße und auf Dauer dem Markt entzogen und rekommunalisiert werden. Dies wiederum wird am besten dadurch ermöglicht, dass durch strenge politische Vorgaben und konsequentes kommunalpolitisches Handeln der Erwerb und Besitz von Liegenschaften für private Investor*innen unattraktiv wird und somit die Bodenpreise fallen (Interventionistische Linke Berlin 2018). Eine solche Strategie vermag es immerhin, für den Erhalt und Ausbau von Wohnraum, der für alle bezahlbar ist, zu sorgen (Heinz/Belina 2019).

In diesem Glossar erläutern wir im Anschluss an diese Diagnosen bestehende Instrumente, mit denen der Weg zu einer sozialen Wohnungspolitik auf kommunaler Ebene beschritten werden kann. Die einzelnen Instrumente sind dabei so aufbereitet, dass sich Kommunalpolitiker*innen, wohnungspolitische Initiativen und soziale Bewegungen in Niedersachsen leicht über die Relevanz und Reichweite der Instrumente informieren können. Wir stellen in diesem Glossar diejenigen schon jetzt zur Verfügung stehenden planerischen Instrumente vor, die entsprechend der oben genannten Bedingungen zumindest teilweise geeignet sind, die marktförmige Organisierung der Wohnraumversorgung zu durchbrechen, dies jedoch selten explizit zum Ziel haben. Aus diesem Grund führen wir zum Beispiel den Mietspiegel nicht auf, weil seine Wirksamkeit bisher nicht eindeutig belegt ist. Da der Fokus dieses Glossars auf kommunalen Instrumenten liegt, stellen wir auch keine politischen Ansätze vor, die nur auf Landes- und Bundesebene umgesetzt werden könnten. Dazu gehört etwa der Ruf nach einer neuen Niedersächsischen Landesentwicklungsgesellschaft (NILEG), vor allem aber auch die Forderung der Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Deren Abschaffung hat eine Lücke gerissen, die mit den hier aufgeführten Instrumenten nur notdürftig geschlossen werden kann.

Um einen leicht verständlichen Einstieg in geeignete wohnungspolitische Instrumente zu ermöglichen, haben wir die Darstellung der Instrumente jeweils wie folgt gegliedert: Auf eine Kurzbeschreibung folgt ein Überblick über die Ziele des jeweiligen Instruments aus Sicht einer sozialen Wohnungspolitik. Dann wird ausführlicher die Wirkungsweise des Instruments erklärt und anschließend Vor- und Nachteile aufgeführt. Zur Veranschaulichung des Instruments und seiner Wirkungsweise wird ein Fallbeispiel vorgestellt. Abschließend erfolgt eine Bewertung des Instruments aus Sicht einer sozialen Wohnungspolitik. Die Literaturangaben sollen – wie auch die Fallbeispiele – bei weiteren Recherchen helfen.

Wir hoffen, dass wir mit diesem Glossar einen Beitrag zur Umsetzung einer sozialen Wohnungspolitik leisten können und es Kommunalpolitiker*innen und wohnungspolitischen Initiativen gelingt, die aufgeführten Instrumente vor Ort möglichst zielführend anzuwenden. Wir wünschen eine anregende Lektüre!

Robin Marlow und Michael Mießner

Literatur

  • Heinz, Werner; Belina, Bernd (2019): Die Kommunale Bodenfrage. Hintergrund und Lösungsstrategien. Studien der Rosa-Luxemburg-Stiftung 2. Berlin. Online verfügbar unter: https://www.rosalux.de.
  • Interventionistische Linke Berlin (2018): Das Rote Berlin. Strategien für eine sozialistische Stadt. Berlin. Online verfügbar unter: https://interventionistische-linke.org.

Zu den Autoren

  • Michael Mießner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geographie der Technischen Universität Dresden. Zuvor war er lange Zeit an der Georg-August-Universität Göttingen tätig. Seine Forschungsfelder sind die Kritische Geographie der Stadt- und Regionalentwicklung, Gentrifizierung, Immobilienmärkte und Wohnungspolitik in Deutschland. Er bemüht sich, seine Forschungsergebnisse lokalen Stakeholdern und politischen Initiativen zugänglich zu machen und so seinen Teil zu Lösung der Wohnungsfrage beizutragen.
  • Robin Marlow studiert Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Er war einige Jahre studentische Hilfskraft am Geographischen Institut der Universität. Anhand von Göttinger Beispielen hat er zu verschiedenen Formen und Ursachen von Verdrängung und Gentrifizierung geforscht.


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