Zur Politisierung des Wirtschaftsprozesses auf allen Ebenen: Wirtschaftsdemokratie und demokratischer Sozialismus -- Cluster III der Kritischen Universität Hannover (KUH)

Konzepte einer Wirtschaftsdemokratie im übergeordneten Rahmen des demokratischen Sozialismus können bereits auf eine lange Tradition verweisen. Öfter schon ist aus jeweils aktuellem Anlass eine Debatte um sie entbrannt und dann wieder erloschen. Doch nun vor dem Hintergrund, dass der Neoliberalismus die Welt in eine Finanz- und Kapitalkrise gestürzt hat, beginnt eine diskursive Befreiung vom anbefohlenen TINA-Paradigma (»There is no alternative«, M. Thatcher). Wirtschaftsdemokratie bedeute eine Politisierung des Wirtschaftsprozesses auf allen Ebenen, da dieser rund um zu einer öffentlichen Angelegenheit wird. Es geht um nichts Geringeres als um den Versuch, das Wirtschaftsleben durch die Gesellschaft zu kontrollieren, statt sich von der Wirtschaft beherrschen zu lassen.

"Das Undenkbare, mit Hohn und Spott und struktureller Gewalt aus den öffentlichen Diskursen verbannt, wird wieder denkbar: Es kann und es muss Alternativen geben", schreibt der Ökonom Michael Kraetke im Widerspruch, "Alternativen im Kapitalismus, Alternativen jenseits des Kapitalismus, Alternativen, die über den Kapitalismus hinausführen." Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die Demokratisierung der Wirtschaft und damit die Negation der neoliberalen Ideologie, die in die Krise geführt hat. Unsere Demokratien bleiben ohnedies unvollständig, wenn sie nur formal und abstrakt auf das Politische bezogen bleiben. Der Politikwissenschaftler Peter von Oertzen sprach in diesem Zusammenhang von einer "halbierten Demokratie", deren unvollendete Struktureigentümlichkeit die Menschen einerseits als "mündige Staatsbürger" und andererseits als unmündige "Wirtschaftsuntertanen" in einer widersprüchlichen, gleichsam schizophrenen Konstellation leben lässt. Aber die Realisierung einer Wirtschaftsdemokratie als vollendete Demokratie setze, so Kraetke, eben die Revolution voraus, welche auch einmal zur politischen Demokratie geführt hat. Wirtschaftsdemokratie bedeute eine Politisierung des Wirtschaftsprozesses auf allen Ebenen, da dieser rund um zu einer öffentlichen Angelegenheit wird. Es geht um nichts Geringeres als um den Versuch, das Wirtschaftsleben durch die Gesellschaft zu kontrollieren, statt sich von der Wirtschaft beherrschen zu lassen. Wenn durch eine Demokratisierung der Wirtschaft notwendig das bisher bestehende Politische System der westlichen Demokratien umgebaut werden muss, berührt das verfassungsrechtlich relevante Fragen: Welche Rolle spielen in einer Wirtschaftsdemokratie das Parlament, das Parteiensystem, die Parteien und das Repräsentativprinzip? Ist gar eine Rätedemokratie mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar? Wäre eine solche ohne die Aufhebung der Gewaltenteilung denkbar? Wie groß wäre die Gefahr einer Involution, wenn die halbierte in eine vollständige Demokratie überführt wurde? Gregor Kritidis (Hannover):
Eröffnung der Tagung Christina Kaindl (Berlin):
Verlust des Politik-Primats – (A)politische Sozialisation im Neoliberalismus Michael Krätke (Lancaster – Amsterdam):
Zur politisch-ökonomischen Bedeutung der Wirtschaftsdemokratie Joachim Perels (Hannover)
Zur verfassungsrechtlichen Dimension der Wirtschaftsdemokratie Verantwortlich und Kontakt:
Gregor Kritidis (g.kritidis[at]apc.de)
Marcus Hawel (hawel[at]rosalux.de)