Nachricht | Neubau

Durch Neubau wird neuer Wohnraum geschaffen. Jedoch eignet sich nicht jede Form des Neubaus für eine Verbesserung der sozialen Wohnraumversorgung. Hilfreich sind dafür vor allem Wohnungen mit (dauerhaft) niedrigen Mieten, eventuell auch Baugruppen. In erster Linie sind hohe Bodenpreise, hohe Bau- und Baunebenkosten sowie private Renditeerwartungen für hohe Mieten in Neubauten verantwortlich.

Ziele des Instruments


Wirkungsweise

Zur Schaffung neuer Wohnungen ist die Förderung des Wohnungsneubaus von Bedeutung. Um das Wohnen in Neubauten für viele Menschen erschwinglich zu gestalten, stehen einer Kommune verschiedene Instrumente zur Verfügung. Entsprechenden Einfluss kann sie durch eigene Bauherr*innenschaft (etwa über eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft), Erbbaurechte oder städtebauliche Verträge, städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen und zudem durch Subventionen für private Bauherr*innen ausüben.
Die Miet- und Wohnkosten in Neubauten steigen derzeit aufgrund hoher Bodenpreise sowie hoher Bau- und Baunebenkosten und der Renditeerwartungen privater Investor*innen rasant. Daher sind die wichtigsten Stellschrauben für niedrige Neubaumieten ein niedriger Bodenpreis (für den Bodenspekulation konsequent zu bekämpfen ist), Grundrisse, welche die Baukosten pro Kopf senken (etwa durch gemeinschaftliches Wohnen, Clusterwohnungen), und nicht (primär) profitorientiertes Wirtschaften (Genossenschaften, kommunaler Wohnungsbau, Mietshäusersyndikat; Konzeptvergabe). Ferner können Kommunen im Rahmen der Objektförderung niedrige Mieten subventionieren.
Die in einem Bundes- und einem Landesgesetz geregelte Wohnraumförderung für auf dem Wohnungsmarkt benachteiligte Bevölkerungsgruppen unterstützt neben der Sanierung vor allem den Neubau. Hierzu bietet die NBank – die operative Bank des Landes Niedersachsen – verschiedene Arten der Förderung für kommunale Unternehmen an, wie Darlehen für Neubau, Aus- und Umbau von Mietwohnraum oder speziell von Mietwohnraum für gemeinschaftliche Wohnformen im Alter.


Vorteile

  • Neubauten können – unter Einsatz der richtigen Instrumente – von vornherein sozial, inklusiv und ökologisch gestaltet werden.
  • Sozial inklusive und ökologisch gestaltete Neubauten können ein Quartier aufwerten. Hierbei besteht auch die Herausforderung, die Erdgeschosszone so zu gestalten, dass sie positiv zum öffentlichen Leben beitragen kann.


Nachteile

  • Hochpreisiger Neubau ist für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen nicht bezahlbar.
  • Temporäre Mietpreisbindungen machen stetigen Neubau erforderlich.
  • Subventionen für private Bauherr*innen sind ein nicht nachhaltiger Einsatz kommunaler Finanzmittel.
  • Vorhandene Bausubstanz zu nutzen, ist in der Regel ökologischer, als neu zu bauen.


Fallbeispiel

Es gibt viele Beispiele für Wohnungsneubau in Deutschland. Wir stellen hier ein Konzept eines genossenschaftlichen Neubaus mit anspruchsvoller Architektur vor. Die im Jahr 2000 gegründete Münchner Wohnungsgenossenschaft wagnis eG profitiert davon, dass die Stadt München einen Teil ihrer kommunalen Flächen für die Entwicklung durch Genossenschaften vorsieht. Neben Mitgliederversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand gibt es ein beratendes bzw. koordinierendes Forum, in dem Vertreter*innen der Mitglieder, des Aufsichtsrats und des Vorstands vertreten sind und das themenorientiert arbeitet sowie partizipative Angebote initiiert.
Die Genossenschaft vergibt die Wohnungen nach Bedürftigkeit und nach Konzept des Zusammenwohnens. Es werden insbesondere auch Menschen ohne Wohnsitz aufgenommen. Die Mieten sind reine Kostenmieten, mit denen kein Gewinn erwirtschaftet wird. Um in eine Wohnung einziehen zu können, muss ein Genossenschaftsanteil gezeichnet werden. Zur Finanzierung der Wohnungen tragen auch Fördergelder des Landes Bayern und der Stadt München bei. Die Wohnungen der wagnis eG unterliegen allesamt verschiedenen Förderbedingungen, einige Wohnungen können zum Beispiel nur an Menschen mit Wohnberechtigungsschein vergeben werden. Die Höhe des Genossenschaftsanteils richtet sich nach der Art der gemieteten Wohnung.
Die wagnis eG hat derzeit ca. 500 Wohnungen, zusätzlich Gästezimmer und Gewerbeflächen an vier Standorten.


Bewertung des Instruments

Neubau ist nicht per se als gutes Instrument für eine gemeinwohlorientierte Wohnraumversorgung zu bewerten, denn das Verhältnis von Angebot und Nachfrage ist nur ein Faktor von mehreren, von denen die Miethöhe abhängt. Vielfach wird argumentiert, dass Neubau mit teuren Wohnungen den Wohnungsmarkt im niedrigpreisigen Segment entlaste. [1]  Da aber nicht garantiert ist, dass Menschen mit höheren Einkommen aus günstigen Wohnungen in teurere Neubauten ziehen, muss Neubau im Rahmen einer sozialen Wohnungspolitik immer in erster Linie Menschen mit niedrigem Einkommen adressieren, die es bei der Wohnungssuche besonders schwer haben. In der Regel ist daher der Geschoss- und Mietwohnungsbau vorzuziehen, weil in diesem Segment niedrige Baukosten pro Kopf am besten realisiert werden können und sich gerade untere Einkommensschichten kein Wohneigentum leisten können. Die Baukosten lassen sich durch gemeinschaftlich genutzte Flächen in den Gebäuden und umsichtige Grundrisse häufig niedrig halten, sind aber derzeit generell hoch.
Bauherr*innen, die langfristig günstige Mieten garantieren können, sind im Neubau solchen vorzuziehen, die aufgrund finanzieller oder fiskalischer Anreize temporären Sozialbindungen (eines Teils) ihrer Wohnungen zustimmen. Zu den langfristig sozialen Bauherr*innen gehören etwa die Kommune selbst (bzw. eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft), Wohnungsbaugenossenschaften, das Mietshäusersyndikat, Hausprojekte, Baugruppen oder beliebige Erbbaurechtsnehmer*innen mit entsprechenden Auflagen. Konzeptvergabeverfahren können so angelegt werden, dass sie diesen Zielgruppen einen Vorrang bei der Vergabe einräumen.
Als Problem des Neubaus mit einem großen Anteil an günstigen Wohnungen wird oft angeführt, dass so genannte „soziale Brennpunkte“ entstünden. Hierfür – falls man die Problematisierung ernst nimmt – kann allerdings nicht die massive Bereitstellung an günstigen Wohnungen verantwortlich gemacht werden, sondern allenfalls der Mangel an günstigen Wohnungen andernorts.
Andere der in diesem Glossar vorgestellten Instrumente sollten mit dem Instrument des Neubaus kombiniert werden, etwa der Baulandbeschluss, das Erbbaurecht, der städtebauliche Vertrag, der Bodenfonds, die Konzeptvergabe oder die Quotenregelung, weil nur so sichergestellt werden kann, dass der Neubau im Sinne der Gemeinwohlorientierung wirksam wird.
Zu betonen ist aber, dass dem Neubau die Instandhaltung, Instandsetzung und Nutzbarmachung vorhandener Bausubstanz vorzuziehen ist. Dafür sprechen Aspekte wie die in der Bausubstanz gebundene graue Energie und der Flächenverbrauch.


Literatur

  • Cremer, Constance (2019): Gemeinschaftliches Wohnen im Cluster. Ein praktischer Leitfaden zum Planen, Bauen und Wohnen. Berlin.
  • Dömer, Klaus; Drexler, Hans; Schulz-Granberg, Joachim (2016): Bezahlbar. Gut. Wohnen. Strategien für erschwinglichen Wohnraum. Berlin.
  • Hofmeister, Sandra (Hrsg.) (2018): Wohnungsbau. Kostengünstige Modelle für die Zukunft. München.
  • NBank (o.J.): Wohnraum. Online verfügbar unter: https://www.nbank.de.


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[1] Z.B. Empirica (2016): Eigenheimbau schafft Mietwohnraum. Pressemitteilung vom 01.06.2016. Online verfügbar unter: https://www.empirica-institut.de/nc/nachrichten/details/nachricht/eigenheimbau-schafft-mietwohnraum/.