Nachricht | Konzeptvergabe

Foto: Harry Adler

Konzeptausschreibungsverfahren dienen dazu, öffentliche Grundstücke nicht an den*die Meistbietende*n, sondern an die Interessent*innen mit dem Konzept zu vergeben, das die Ausschreibungskriterien am besten erfüllt. Hierzu legt die Kommune zunächst Kriterien zur Vergabe sowie eine Gewichtung dieser Kriterien fest. Grundsätzlich ist zwischen dem Festpreis- und dem Bestgebotsverfahren zu unterscheiden.

Ziele des Instruments

  • Städtischen Einfluss auf die Ausrichtung von Bauprojekten vergrößern
  • Immobilienspekulation erschweren
  • Bodenpreisentwicklung dämpfen


Wirkungsweise

Die Kommune hat bei jedem Verkauf von kommunalen Grundstücken die Möglichkeit, Einfluss auf die künftige Nutzung und Gestaltung des Grundstückes zu nehmen. Mit der Konzeptvergabe kann diese Einflussmöglichkeit genutzt werden.
Die Verwaltung beschließt dazu einen Kriterienkatalog, in dem festgelegt wird, welche Aspekte bei der Vergabe von kommunalen Grundstücken eine Rolle spielen sollen. So können etwa sozialpolitische oder energetische Maßgaben festgelegt werden. Die verschiedenen Kriterien werden mit Punkten gewichtet.
Es bietet sich an, Regelungen in einem Rats- oder Verwaltungsbeschluss festzuhalten, die verbindlich für alle kommunalen Grundstücksverkäufe gelten. Die Kommune kann auch festlegen, dass nur bestimmte Arten von Grundstücken nach diesem Verfahren vergeben werden. Die Kriterien und Ziele bei der einzelnen Grundstücksvergabe müssen jedoch immer für das jeweils zu vergebende Grundstück konkretisiert werden. Eine Konzeptvergabe kann auch dazu verwendet werden, Erbbaurechte zu schaffen.
Grundsätzlich ist zwischen zwei unterschiedlichen Verfahren zu unterscheiden: der Konzeptvergabe mit einem Festpreis und dem Bestgebotsverfahren. Um finanziell schwache Baugruppen oder Vereine nicht zu benachteiligen, sollte das Festpreisverfahren gewählt werden. Hierbei entspricht der von der Kommune festgelegte Festpreis dem Verkaufswert oder liegt nur leicht darüber, um nicht mit dem Europäischen Beihilferecht in Konflikt zu geraten (Art. 107 Nr. 1 AEUV). Eine Vergabe unter dem Marktwert ist möglich, wenn ein Kriterium für die Vergabe der soziale Wohnungsbau ist. Es entscheidet allein die Bewertung der eingereichten Konzepte darüber, wer den Zuschlag erhält und das Grundstück zum Festpreis kaufen kann. Beim Bestgebotsverfahren wird festgelegt, in welchem Ausmaß die Kaufpreisgebote in die Entscheidung für eine*n Käufer*in mit einbezogen werden sollen. Im Sinne einer sozialen Wohnungspolitik sollte die Kaufpreishöhe des Gebots nicht stärker als mit 50 % gewichtet werden (zwei Orientierungshilfen für Kommunen empfehlen eine Gewichtung von 70–30 [1]), denn die Konzeptvergabe soll gerade den Primat des Höchstgebots brechen.
Die Konzeptkriterien können nach verschiedenen gewichteten Schwerpunkten ausgewählt werden, etwa nach sozialen und ökologischen Belangen. Die eingereichten Konzepte erhalten für jedes Kriterium Punkte, die angeben, inwiefern sie die Kriterien erfüllen. Das Konzept mit den meisten Punkten (im Falle des Bestgebotsverfahrens unter Berücksichtigung des Kaufpreisgebots) bekommt den Zuschlag. Die Berufung einer Fachjury kann für das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens förderlich sein, da sie an den Wettbewerbsbeiträgen auch Aspekte würdigen kann, die nicht durch die vorab festgelegten Kriterien erfasst werden.


Vorteile

  • Die Konzeptvergabe kann auf sämtliche kommunale Liegenschaften, die veräußert oder ins  Erbbaurecht gegeben werden und für eine soziale Wohnraumversorgung relevant sind, angewandt werden.
  • Wenn die Höhe der Kaufgebote eine untergeordnete Rolle spielt, werden keine spekulativen Gebote mehr abgegeben, wodurch die Bodenpreisentwicklung gedämpft werden kann.
  • Die Kommune kann durch das Vergabeverfahren die Siedlungsentwicklung besser steuern.
  • Akteure mit sozialem Anspruch – z.B. kleine Vereine oder Genossenschaften – haben bessere Chancen, Liegenschaften zu erwerben.


Nachteile

  • Die Kommune privatisiert Liegenschaften und gibt damit erhebliche Kontrolle ab.
  • Das Instrument ist nur sinnvoll einsetzbar, wenn die Kommune überhaupt noch Liegenschaften besitzt und sie veräußern oder Erbbaurechte ausstellen möchte.
  • Je höher die durch die Konzeptvergabe geforderten energetischen, gestalterischen und anderen Ansprüche der Kommune sind, desto schwieriger wird kostengünstiges Bauen.
  • Eine hohe Gewichtung des Kaufgebots im Bestgebotsverfahren würde nicht nur finanzschwache Käufer*innen benachteiligen, sondern kann auch allgemeine Bodenpreissteigerungen nach sich ziehen.
  • Das Verfahren ist zeitaufwendig Zeit (es benötigt meist einige Wochen).

Fallbeispiele

Der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen Hamburg führt bei Ausschreibungen von Bauflächen für Geschosswohnungsbau Konzeptausschreibungsverfahren durch. Dabei gewichtet er das Konzept mit 70 % und den Preis mit 30 %. Das Konzept wird nach wohnungs- und sozialpolitischen, energetischen und städtebaulichen Kriterien bewertet. Bauflächen, die Baugemeinschaften vorbehalten sind, werden nach Festpreisverfahren vergeben.
Die Stadt Hannover vergibt (ohne formellen Baulandbeschluss) seit 28 Jahren Grundstücke durch Konzeptvergabe (Festpreisverfahren). 2015 wurde ein Parkplatz an der Ohestraße als Baugebiet ausgeschrieben. Es sollten zehn bis fünfzehn Parzellen im Festpreisverfahren vergeben werden, zwei davon werden nun von einer kommunalen Wohnungsgesellschaft bebaut. Die Ziele der Konzeptvergabe waren hier eine Mischung von Baugruppen und die Bereitstellung günstigen Wohnraums. Mittlerweile baut ein Zusammenschluss aus fünf Baugruppen und der kommunalen Wohnungsgesellschaft auf dem Gelände.
Insgesamt werden sechs verschiedene Konzepte umgesetzt, die den nachbarschaftlichen Austausch zwischen den Projekten und den gemeinschaftlichen Charakter des Zusammenlebens im jeweiligen Projekt betonen.
Eine WG-Wohnung für junge Menschen mit Assistenzbedarf entsteht im selben Haus wie Wohnungen für Familien, die in einem inklusiven Wohnprojekt wohnen wollen, und Einzelwohnungen. Zwei Parzellen sind an Wohnungseigentümer*innengemeinschaften vergeben worden, von denen die eine auch Gastronomie- und Gewerbeflächen im Erdgeschoss vermieten möchte. Eine Genossenschaft möchte elf sehr unterschiedliche Wohnungen bauen, um verschiedene Zielgruppen zu adressieren. Zwei Wohnprojekte von älteren Menschen lassen sich Mietwohnungen von einer Genossenschaft bauen. Insgesamt entstehen Wohnungen unterschiedlicher Größen und Belegungsmodelle, Gewerbeflächen und mehrere Gemeinschaftsräume, die für die übergreifende Idee einer lebendigen Nachbarschaft als wichtig angesehen werden.
Außerdem entstehen insgesamt 17 Mietwohnungen mit kommunaler Förderung. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft hatte zugesagt, 22 von 42 Wohnungen als Sozialwohnungen zu realisieren. Da ihre Baukosten nun höher sind als geplant, darf sie diese Wohnungen nun in einem anderen Stadtteil in einem Bauvorhaben realisieren, dessen Anteil an geförderten Wohnungen dann zwei Drittel beträgt.
Durch die Konzeptvergabe wurde es mehreren Gruppen, die teilweise schon seit Längerem auf eine Gelegenheit gewartet hatten, möglich, ihre Wohnprojekte zu realisieren und ihre Vorstellungen vom Zusammenwohnen in ein bauliches Ensemble zu überführen. Die Ansprüche, die die Gründungsgeneration an die Projekte stellt, werden so zu Ansprüchen, die die Wohnsituation an künftige Bewohner*innen stellen wird. Also besteht eine wesentliche Herausforderung für die Wohnkonzepte darin, gleichzeitig auf lange Sicht umsetzbar und nicht nur auf Menschen zugeschnitten zu sein, die über die notwendigen Ressourcen für die Umsetzung verfügen. Damit ein Konzept des Zusammenwohnens eine breite gesellschaftliche Wirkung zeitigen kann, muss es langfristig Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen integrieren können.

Bewertung des Instruments

Die Konzeptvergabe kann ein geeignetes Instrument sein, um bei der Privatisierung kommunaler Liegenschaften die Entwicklung in spezifische Richtungen zu steuern. Ein Vorteil liegt hierbei darin, dass Kriterien und Verfahrensart flächendeckend für bestimmte Bebauungstypen festgelegt werden können. Allerdings ist die Privatisierung öffentlichen Bodens generell nicht anzustreben. Bevorzugt sollte die Konzeptvergabe für die Bestellung von Erbbaurechten und/oder zur Speisung eines Bodenfonds eingesetzt werden. Die Kommune sollte bereit sein, den Mehraufwand an Zeit und fachkundigem Personal für die Vergabeverfahren zu tragen.
Die Ermittlung von allgemeinen Kriterien für Vergabekonzepte stellt einen guten Anlass dar, um mit den Bewohner*innen der Kommune in eine Diskussion um die Ausrichtung der kommunalen Liegenschaftspolitik zu treten oder die Menschen zumindest mit einzubeziehen. Gegebenenfalls kann auf schon bestehende Entwicklungskonzepte zurückgegriffen bzw. bei der Erarbeitung von Entwicklungskonzepten die Möglichkeit künftiger Vergabekonzepte mitbedacht werden. Vor jedem Vergabeverfahren sind die Kriterien noch passend zum jeweiligen Grundstück zu adaptieren. Dies vergrößert den Arbeitsaufwand, kann aber auch sehr spezifische Vorstellungen der Kommune abbilden.
Durch Konzeptvergaben kann die Kommune auf die Beteiligung benachteiligter Gruppen und sozialer Träger*innen abzielen, die das Leben im Ort bereichern. Problematisch ist allerdings, dass die Kommune so auch – ganz nach neoliberalem Muster – ihren sozialen Auftrag auslagern kann. Festzuhalten ist, dass das Festpreisverfahren dem Bestgebotsverfahren (durch das höhere Erlöse zu erzielen wären) vorzuziehen ist, da es spekulative Gebote verhindern und somit die Dynamik steigender Bodenpreise dämpfen kann.

Literatur

  • Architektenkammer Rheinland-Pfalz; Städtetag Rheinland-Pfalz; Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz; Landkreistag Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2019): Mehr Konzept. Orientierungshilfe zur Vergabe öffentlicher Grundstücke nach Konzeptqualität. Mainz. Online verfügbar unter: https://www.diearchitekten.org.
  • Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen; Hessischer Städtetag (Hrsg.) (2017): Orientierungshilfe zur Vergabe öffentlicher Grundstücke nach Konzeptqualität. Wiesbaden. Online verfügbar unter: https://www.akbw.de.
  • Forum OHE-HÖFE (o.J.): FORUM OHE-HÖFE. OHE-HÖFE – gemeinschaftlich wohnen – von Anfang an. Online verfügbar unter: http://ohe-hoefe.de/.
  • Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (o.J.): Konzeptvergabe im Wohnungsbau. Gute Konzepte entscheiden Grundstücksvergabe. Wiesbaden. Online verfügbar unter: https://wohnungsbau.hessen.de.
  • Landeshauptstadt Hannover (2015): Informationsdrucksache Nr. 1638/2015. Information zum Vergabeverfahren Wohnquartier Ohestraße. Online verfügbar unter: https://e-government.hannover-stadt.de.
  • Netzwerk Immovielien (Hrsg.) (2018): Dokumentation Bundesweiter Austausch Konzeptverfahren, 9./10. November 2017 in Leipzig. Berlin. Online verfügbar unter: https://www.netzwerk-immovielien.de.
  • Temel, Robert (2019): Baukultur für das Quartier. Prozesskultur durch Konzeptvergabe. Endbericht. Forschungsprogramm Allgemeine Ressortforschung, ein Forschungsprogramm des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung. Wien. Online verfügbar unter: https://www.bbsr.bund.de.

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[1] Vgl. Architektenkammer Rheinland-Pfalz; Städtetag Rheinland-Pfalz; Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz; Landkreistag Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2019): Mehr Konzept. Orientierungshilfe zur Vergabe öffentlicher Grundstücke nach Konzeptqualität. Mainz. Online verfügbar unter: https://www.diearchitekten.org; Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen; Hessischer Städtetag (Hrsg.) (2017): Orientierungshilfe zur Vergabe öffentlicher Grundstücke nach Konzeptqualität. Wiesbaden. Online verfügbar unter: https://www.akbw.de.