Nachricht | Widerstand & Ungehorsam

Rück–Blicke auf Aktivist*innen mit Visionen einer gerechten Gesellschaft

Vom 11. bis 13. November findet im Cine k Kino Oldenburg die Film- und Diskussionsreihe »WIDERSTAND UND UNGEHORSAM – Rück-Blicke auf Aktivist*innen mit Visionen einer gerechten Gesellschaft« statt. Das Zentrum für Geschlechterforschung der Universität Oldenburg, die Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen und das Medienbüro Oldenburg ladendas Publikum dazu ein, gemeinsam mit Expert*innen über weniger bekannte Formen von Widerstand und Ungehorsam zu diskutieren.

Zu Gast ist unter anderem Sebastian Weisenborn. Der Oldenburger ist der Sohn zweier Freiheitskämpfer*innen der „Roten Kapelle“, einer Widerstandsgruppe im Nationalsozialismus.

Widerstand und Ungehorsam haben eine lange und vielfältige Geschichte. „Das ist allen hinlänglich bekannt, aber es wird selten darüber diskutiert, warum bestimmte Aktivitäten lange Zeit vergessen wurden oder auch heute noch kaum thematisiert werden“, berichtet die Historikerin und Mitinitiatorin Dr. Katharina Hoffmann. Gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen und dem Medienbüro Oldenburg rief sie die Film- und Diskussionsreihe »WIDERSTAND UND UNGEHORSAM« ins Leben. Vom 11. bis 13. November bieten drei ausgewählte Dokumentarfilme Anlass, gemeinsam mit Expert*innen im Cine k Kino über widerständiges Handeln nachzudenken. „Uns war es wichtig, ganz unterschiedliche Arten des Widerstandes an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten zu zeigen“, erläutert Wolfgang Bruch vom Medienbüro die Filmauswahl: „Wir betrachten Widerstand im Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit ebenso wie migrantische Kämpfe um gerechten Lohn in Deutschland in den 1970er Jahren und anti-imperiale Kämpfe in Burkina Faso in den 1980er Jahren“.

Als Expert*innen sind Lawrence Oduro-Sarpong von AfricAvenir International, Sebastian Weisenborn, Sohn zweier Widerstandskämpfer*innen der „Roten Kapelle“ und Ceren Türkmen, die an der Universität Gießen zu Rassismus und Migration forscht, eingeladen. Bruch und Hoffmann haben zum Ziel, gemeinsam mit dem Publikum und den Expert*innen darüber nachzudenken, in welcher Weise das Wissen über wenig bekannte Formen des Widerstands und Ungehorsams für das heutige politische Bewusstsein bedeutend sind. „Wir wollen auch gemeinsam diskutieren, inwiefern vergangene Formen des Widerstands Anknüpfungspunkte für heutige Aktivist*innen und aktuelle soziale Bewegungen sein können“, erklären beide.

Möglich gemacht haben die Film- und Diskussionsreihe des Zentrums für Geschlechterforschung der Universität Oldenburg, der Rosa Luxemburg Stiftung Niedersachsen und des Medienbüros Oldenburg außerdem der AStA und das Autonome feministische Referat der Universität Oldenburg.

Die Film- und Diskussionsreihe beginnt am Montag, 11. November mit dem Dokumentarfilm »DIE GUTEN FEINDE« über die Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ im Nationalsozialismus, die erst vor 10 Jahren offiziell rehabilitiert wurde. Der Oldenburger und Sohn von Günther und Joy Weisenborn ist als Experte geladen.

Am Dienstag, 12. November schließt der Film »CAPITAINE THOMAS SANKARA« an. In der Dokumentation geht es um die brutale Gewalt gegen afrikanische Politiker*innen und Bewegungen, die die ungerechten gesellschaftlichen Verhältnisse in afrikanischen Ländern nach dem Kolonialismus überwinden wollten. Thomas Sankara wird gerade wieder neu entdeckt und diente für die gewaltfreie Revolution in Burkina Faso 2014 als Vorbild und Anknüpfungspunkt. Zu Gast ist Lawrence Oduro-Sarpong von AfricAvenir International.

»PIERBURG: IHR KAMPF IST UNSER KAMPF« ist der letzte Film der Reihe am Mittwoch, 13. November und dokumentiert einen der migrantischen Arbeitskämpfe in der BRD der 1970er Jahre. Diese sind heute kaum bekannt – ebenso wie auch die Tatsache, dass viele Migrant*innen aktiv für gleichen Lohn und eine Verbesserung der Arbeits- und Wohnsituation gekämpft haben. Deutsche Arbeiter*innen solidarisierten sich mit ihnen. Ein aktuelles Thema, auch vor dem Hintergrund der Ausbeutung von nichtdeutschen Arbeitskräften etwa in der Fleischindustrie im Oldenburger Land. Zu Gast ist Ceren Türkmen von der Universität Gießen.


Programm

Mo, 11. November 2019, 20:00 Uhr

Die guten Feinde – Mein Vater, die Rote Kapelle und ich

Ein Dokumentarfilm von Christian Weisenborn, 2017, 90 Minuten

Der Schriftsteller und Widerstandskämpfer Günther Weisenborn (1902-1969) hat nach 1945 bis zu seinem Tod um die Rehabilitierung der Männer und Frauen gekämpft, die von den Nationalsozialisten wegen Spionage für die Sowjetunion angeklagt und verurteilt worden waren. Die meisten wurden hingerichtet. Der dem Freundeskreis um Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack von den Nationalsozialisten gegebene Name "Rote Kapelle" wurde auch im Nachkriegsdeutschland mit Landesverrat in Verbindung gebracht.

Der Filmemacher Christian Weisenborn, der jüngere Sohn von Günther und Joy Weisenborn, hat in der Dokumentation "Die guten Feinde" Hintergründe und Taten dieses Freundeskreises dargestellt und damit nicht nur einen wichtigen Beitrag über Widerstand im Nationalsozialismus geleistet. Darüber hinaus gelingt es ihm zu zeigen, dass Widerstand auch in der Bundesrepublik gegen die alten und neuen Strukturen und Netzwerke über Jahrzehnte geleistet werden musste. Die Rehabilitierung des Freundeskreises erfolgte erst 2009, also vierzig Jahre nach dem Tod Günther Weisenborns.

An die Filmvorführung schließt eine Diskussion an mit dem in Oldenburg lebenden ältesten Sohn von Günther und Joy Weisenborn, Sebastian Weisenborn.

deutschlandfunkkultur.de sueddeutsche.de


Di, 12. November 2019, 20:00 Uhr

Capitaine Thomas Sankara

Ein Dokumentarfilm von Christophe Cupelin, Schweiz 2014, 90 Min.

1983 wird der 33-jährige Thomas Sankara nach einem Staatsstreich Präsident Obervoltas. Mit Burkina Faso (Das Land der Integren) gibt der sozialistische Revolutionär dem Land nicht nur einen neuen Namen, sondern versucht mit einer Mischung aus jugendlichem Elan und visionärem Weitblick die burkinische Gesellschaft zu reformieren: Gleichstellung von Mann und Frau, Ausrottung des Analphabetismus und Bekämpfung der Korruption sind seine wichtigsten Anliegen.

Mit seiner Forderung an den Westen um Schuldenerlass will er sein Land und den ganzen afrikanischen Kontinent stärken. Sein Traum von einer fortschrittlicheren und gerechteren Welt findet jedoch schon 1987 ein jähes Ende: Er fällt einem Staatsreich zum Opfer.

Mit Archivaufnahmen entwirft Christophe Cupelin ein packendes und humorvolles Porträt eines charismatischen Staatschefs, der mit seinen unkonventionellen Ideen die Politiker des Westens herausforderte und zu den wichtigsten Staatsmännern Afrikas des 20. Jahrhunderts gezählt wird.

Für die anschließende Diskussion zu anti-imperialen Kämpfen und Visionen in afrikanischen postkolonialen Gesellschaften ist Lawrence Oduro-Sarpong, AfricAvenir International e. V., eingeladen.

capitainethomassankara.net der-andere-film.ch


Mi, 13. November 2019, 20:00 Uhr

Pierburg: Ihr Kampf ist unser Kampf

Ein Dokumentarfilm von Edith Schmidt, David Wittenberg, Deutschland 1974, Deutschland 49 Min.

»Gibt es in der Firma Pierburg noch Leibeigene?«

Off-Kommentar aus dem Film

13. August 1973: Weil sie trotz harter Akkordarbeit nach der untersten Lohngruppe 2 bezahlt werden (4,70 DM pro Stunde), starten die migrantischen Arbeiterinnen beim Neusser Vergaserhersteller Pierburg für fünf Tage einen „wilden Streik“. Von den insgesamt 3800 Beschäftigten sind 70 Prozent Gastarbeiter*innen, die Mehrzahl davon Frauen. Die Arbeitsmigrantinnen demonstrieren gegen die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen, fordern „Eine Mark mehr“ und treten insgesamt für bessere Wohn- und Arbeitsbedingungen ein. Nach und nach schließen sich die deutschen Kolleg*innen an, und die Stimmung auf dem Pierburg-Gelände erlangt zuweilen Festcharakter.

Der Kompilationsfilm dokumentiert den Streik. Edith Schmidt-Marcello und David H. Wittenberg haben das Material, das während des Streiks von unterschiedlichen Akteur*innen vor Ort gedreht wurde, in Absprache mit den Streikenden montiert und mit eigenen Filmaufnahmen ergänzt.

Der Film lief auf zahlreichen Solidaritätsveranstaltungen und diente der Belegschaft und dem Betriebsrat für die Öffentlichkeitsarbeit. Im Fernsehen wurde er nie gezeigt und geriet zunächst in Vergessenheit.

Für die anschließende Diskussion ist Ceren Türkmen, Uni Gießen, eingeladen. Sie hat zu Rassismus und Kämpfen der Migration geforscht.

frauenfilmfestival.eu

Eine Film- und Diskussionsreihe des Medienbüros Oldenburg e. V/ Cine K in Kooperation mit dem Zentrum für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen e.V.